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Geschichte im Klassenzimmer: Die Elektrifizierung des Schmirntals

Rosa Auer, Chronistin in Schmirn, wurde vor einigen Jahren vom Direktor der Volksschule gefragt, ob sie den Kindern aus der Vergangenheit erzählen könnte. Seither bringt Rosa jedes Jahr neue spannende Themen in die Klassenräume. Jährlich lud sie die Kinder zu sich nach Hause ein, um gemeinsam Brot zu backen. Mit einem Dreschflegel droschen sie das Getreide auf dem Küchenboden aus und mahlten es dann mit einer Mühle. Dabei konnten sie die verschiedenen Getreidesorten kennenlernen. Schließlich wurde das Brot im Holzofen gebacken.

In diesem Schuljahr stand die Elektrifizierung von Schmirn im Vordergrund. Rosa erzählte den Kindern, wie ihre Kindheit ohne Strom war. Besonders aufmerksam wurden die Kinder, als sie hörten, dass es damals weder Fernseher noch Handys gab.  Die Chronistin brachte viele Geräte mit in die Schule, die mit oder ohne Strom funktionieren und die die Kinder ausprobieren durften. Besonders beliebt waren die Kaffeemühle und die Bohrmaschine

Ein besonders spannender Teil ihrer Erzählung war der enorme Arbeitsaufwand in Schmirn in den Jahren 1953-1955 um das Tal zu elekrtifizieren und warum der Strom am Heiligen Abend 1955 erstmals alle Häuser im Tal erreichte:
„Bis zur Kirche in Schmirn gab es bereits durch ein kleines privates Elektrizitätswerk in einigen Häusern Strom, doch sogar die Versorgung in der Kirche war schwach. Der Mesner musste oft zur Laterne greifen, damit der Pfarrer das Messbuch lesen konnte.

Die Bewohner des hinteren Tales wollten ebenfalls eine Stromversorgung. Diese sollte von allen Bürgern gemeinsam finanziert werden; auch denen, die bereits Strom hatten. Jeder Haushalt musste 150 Schilling beisteuern, was dem Wert einer Ziege entsprach. Nach heftigen Diskussionen einigte man sich darauf, dass die Bürger den Betrag auch in Form von Naturalien wie Butter, Eier oder Speck bezahlen konnten. Alternativ konnten sie auch auf Brennholz verzichten. Die Gemeinde vermarktete dann die Naturalien. Die Installationen im Hausinnern musste dann jeder Haushalt selber bezahlen.

 1954 wurden die Bäume für die Strommasten gefällt und zur Trocknung liegen gelassen. Über große Strecken wurde das Stomkabel aufgrund der Lawinen- und Erdrutschgefahr unterirdisch verlegt. 1955 wurde das Projekt abgeschlossen. Dass der Strom am Weihnachtsabend ankam, war ein Weihnachtsgeschenk der TIWAG. Der Altbürgermeister kommentierte diese Jahre nur damit, dass er froh sei, sie überlebt zu haben.“

Die Kinder waren sehr interessiert am Thema und stellten so viele Fragen, dass die Veranstaltung kaum zum Ende kam. In den Wochen darauf meldeten sich viele Eltern bei Rosa und wollten mehr über die Elektrifizierung von Schmirn erfahren. Der Besuch in der Schule hatte also eine weitreichende Wirkung.

Fotos: Rosa Auer
Text: Veronika Lamprecht
Datum: 7. Juni 2024